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03/06/2024

Tatra

Gründungsjahr 1850

Tatra

Die Geschichte von Tatra, einem der ältesten kontinuierlich produzierenden Fahrzeughersteller der Welt, ist eine faszinierende Reise durch die Österreichisch-Ungarische Monarchie, zwei Weltkriege, das kommunistische Regime und den Wiederaufschwung nach 1989.

Die Ursprünge (1850–1918)
Die Geschichte beginnt 1850 in Kopřivnice im heutigen Tschechien (damals Teil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie), als Ignatz Schustala die Firma „Ignatz Schustala & Cie.“ gründete. Das auf die Herstellung von Pferdekutschen und Waggons spezialisierte Unternehmen wuchs schnell und expandierte. In den 1880er Jahren begann das Unternehmen mit der Produktion von Eisenbahnwaggons.

1897 produzierte das Unternehmen, das inzwischen eine Aktiengesellschaft mit dem Namen „Nesselsdorfer Wagenbau-Fabriksgesellschaft“ war, den „Präsident“, das erste in Serie produzierte benzinbetriebene Automobil in Mittel- und Osteuropa. Dieses Fahrzeug markierte Tatra’s Eintritt in die Automobilwelt.

Die Hans-Ledwinka-Ära und der Erfolg (1919–1945)
Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie wurde Kopřivnice Teil der neu gegründeten Tschechoslowakei. 1919 nahm das Unternehmen den Namen Tatra an, zu Ehren der Tatra, des höchsten Gebirges des Landes.

Diese Zeit war geprägt von der Persönlichkeit des österreichischen Ingenieurs Hans Ledwinka, der das Automobilkonzept revolutionierte. 1923 führte Tatra ein innovatives „Tatra-Konzept“ ein: einen Zentralträgerrahmen mit einem die Antriebswelle umschließenden Stützrohr und Pendelachsen mit Einzelradaufhängung. Diese Konstruktion, die die Fahrzeuge extrem robust und geländetauglich machte, wurde zu einem Markenzeichen von Tatra.

Der eigentliche Wendepunkt kam jedoch in den 1930er Jahren, als Tatra zum Pionier der Aerodynamik wurde. Unter der Leitung von Ledwinka und anderen Ingenieuren entwickelte das Unternehmen eine Reihe von Fahrzeugen mit stromlinienförmiger Karosserie und luftgekühlten Heckmotoren, beginnend mit dem revolutionären Tatra 77 von 1934. Diese Modelle, wie auch der spätere Tatra 87, waren für ihre Zeit bahnbrechend und beeinflussten das Automobildesign maßgeblich – so sehr, dass sie aufgrund ihrer Ähnlichkeiten mit dem Design des Volkswagen Käfers eine Kontroverse mit Ferdinand Porsche auslösten.

Nachkriegszeit und kommunistisches Regime (1945–1989)
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehmen verstaatlicht und der Betrieb neu organisiert. Die Produktion von Luxusautos wurde eingeschränkt und schrittweise eingestellt, mit Ausnahme einiger Prestigemodelle für hochrangige Funktionäre der Kommunistischen Partei, wie beispielsweise des Tatra 603.

Während der kommunistischen Ära konzentrierte sich Tatra hauptsächlich auf die Produktion schwerer Fahrzeuge, insbesondere Lastwagen und Militärfahrzeuge, und nutzte dabei die Vorteile seines Zentralträger-Chassis-Konzepts voll aus, das sich ideal für den Einsatz im Gelände und unter extremen Bedingungen erwies. Tatra-Lkw erlangten den Ruf nahezu unzerstörbarer Fahrzeuge, die selbst schwierigstes Gelände bewältigten.

Gleichzeitig entwickelte sich das Unternehmen zum weltweit größten Straßenbahnhersteller. Das berühmte Modell Tatra T3 wurde in Zehntausenden Stückzahlen produziert und erfreute sich in ganz Osteuropa großer Beliebtheit.

Wiedergeburt und Moderne
Nach dem Fall des Kommunismus 1989 stand Tatra vor einem schwierigen Übergang zur Marktwirtschaft. Die Automobilproduktion wurde endgültig eingestellt, und das Unternehmen konzentrierte sich ausschließlich auf Lkw. Trotz finanzieller Schwierigkeiten und verschiedener Unternehmensumstrukturierungen überlebte die Marke Tatra.

2013 wurde das Unternehmen von tschechischen Investoren übernommen, die es vor dem Bankrott retteten und ihm neuen Schwung gaben. Heute ist Tatra Trucks a.s. auf die Produktion schwerer Lkw und Spezialfahrzeuge für den zivilen und militärischen Einsatz spezialisiert und exportiert weltweit. Das unverwechselbare Zentralträger-Chassis-Konzept ist nach wie vor der Eckpfeiler der Produktion und bestätigt den Ruf des Unternehmens als Hersteller zuverlässiger und robuster Fahrzeuge, die auch dort eingesetzt werden können, wo andere nicht mehr können.